Glossar

Wer neu in der Welt des Sokratischen Wegs ist, wird dort vermutlich auf den einen oder anderen ihm unbekannten Begriff stoßen. Das folgende Glossar soll für diesen Fall Abhilfe schaffen.  

 

Aktives Zuhören: Ein Gesprächsverhalten, bei dem es das Ziel ist, das Gegenüber bestmöglich zu verstehen. Dies soll erreicht werden, indem man aufmerksam zu hört, sich auf das gesagte einlässt und versucht mit eigenen Worten zu spiegeln, was man verstanden hat.

Aporie: Die „Aporie“ kann man sich als Zustand der überraschten Ratlosigkeit vorstellen. Scheinbar unvereinbare Überzeugungen stehen sich gegenüber. Wer diesen Moment erlebt, muss neu sortieren und neu bewerten. Eine Aporie äußert sich oft in einem plötzlichen Innehalten. Nicht in jedem Gespräch kommt es zu einem solchen Augenblick der Aporie, aber wenn wir ihn bemerken, erkennen wir ihn als bedeutsam und geben ihm Raum.

Aufgeschlossenheit: Aufgeschlossenheit ist eine Haltung, die für den SW von großer Bedeutung ist. Wer aufgeschlossen ist, ist offen und neugierig auch gegenüber Ansichten, die er selbst nicht vertritt.

Backfire-Effekt: Der Backfire-Effekt beschreibt eine Abwehrreaktion des Gesprächspartners. Und damit noch stärkerem Festhalten an einer Überzeugung. Auslöser ist häufig eine retorische Konfrontation (gegensätzliche Meinung oder Fakten). Diese Reaktion, wird häufig mit animalischen Abwehrinstinkten erklärt (Kampf bei Bedrohung). Es ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt, warum und unter welchen Umständen der Effekt beim Gegenüber auftreten kann.

Box of Truth: Ist ein Gedankenexperiment, das häufig in SW-Gesprächen angewendet wird. Der Gesprächspartner soll sich eine sich allwissende, magische Kiste vorstellen, in der sich die Antwort darauf befindet, ob seine Überzeugung wahr oder falsch ist. Anschließend wird er gefragt, ob er eine solche Kiste öffnen wollen würde – auf die Gefahr hin, dass sich auch herausstellen könnte, dass er falsch gelegen hat. Die Antwort kann einen Hinweis darauf geben, wie wichtig es dem Gesprächspartner ist, dass seine Überzeugung tatsächlich wahr ist.

Deduktives Argument: Eine Form der Argumentation, bei der die Schlussfolgerung logisch aus den vorgelegten Prämissen folgt. Wenn die Prämissen wahr sind, ist die Schlussfolgerung zwangsläufig wahr. Deduktive Argumente zielen darauf ab, absolute Gewissheit zu liefern, indem sie von allgemeinen Prinzipien auf spezifische Fälle schließen.

Deskriptive Überzeugung: Eine Überzeugung, die sich darauf bezieht, wie eine Person die Welt beschreibt oder interpretiert. Im Gegensatz dazu stehen normative Ü., die Deskriptive Überzeugungen betreffen oft Fakten oder empirische Phänomene, können jedoch trotzdem subjektiv sein, da sie von individuellen Perspektiven und Interpretationen abhängen. Im gegensatz zu normativen Ü.

Dogmatismus: Eine Haltung, die durch starres Festhalten an bestimmten Überzeugungen oder Ideen gekennzeichnet ist, ohne diese kritisch zu hinterfragen oder zu überprüfen. Dogmatismus beinhaltet oft eine mangelnde Offenheit für alternative Perspektiven oder Meinungen und kann zu Intoleranz gegenüber abweichenden Ansichten führen.

Epistemische Bescheidenheit: Eine intellektuelle Haltung, die durch die Anerkennung der eigenen begrenzten Kenntnisse und die Offenheit für alternative Perspektiven gekennzeichnet ist. Epistemisch bescheidene Personen sind bereit, ihre Überzeugungen und Annahmen zu hinterfragen, und zeigen eine gewisse Zurückhaltung bei der Behauptung absoluter Gewissheit. Sie erkennen an, dass ihr Wissen begrenzt ist und dass sie immer noch lernen können.

Epistemoligie (Erkenntnisstheorie): Ein Bereich der Philosophie, der sich mit der Natur, den Ursprüngen und den Grenzen des Wissens befasst. Die Epistemologie untersucht, wie Wissen erlangt, gerechtfertigt und überprüft werden kann, und befasst sich mit Fragen nach der Natur der Wahrheit, der Rationalität, der Evidenz und der Methoden der Erkenntnisgewinnung. Im Kontext des SW kann der Begriff auch die individuelle Methode einer Person meinen, wie sie zu ihrer Überzeugung gekommen ist.

Falsifizierbarkeit: Ein Konzept in der Wissenschaftstheorie, das besagt, dass eine Hypothese oder Theorie als wissenschaftlich akzeptabel betrachtet werden sollte, wenn es möglich ist, sie durch Beobachtungen oder Experimente zu widerlegen. Eine falsifizierbare Aussage muss so formuliert sein, dass sie potenziell widerlegt werden kann, um als wissenschaftlich gültig zu gelten. Dies unterscheidet sich von unfalsifizierbaren Aussagen, die nicht empirisch überprüfbar sind und daher nicht den Anforderungen der Wissenschaft genügen.

Fehlschluss: Ein Fehlschluss liegt dann vor, wenn eine Schlussfolgerung gezogen wird, die eigentlich gar nicht bzw. Nicht zwangsläufig aus den Voraussetzungen folgt. Das Vorliegen eines Fehlschlusses lässt jedoch keine Rückschlüsse darauf zu, ob die gefolgerte Aussage wahr ist oder nicht. Ein Beispiel: Daraus, dass man oft Hunger hat, während es regnet, lässt sich noch nicht ableiten, dass der Regen den Hunger hervorruft. Das wäre eine Verwechslung von Korrelation und Kausalität – ein Fehlschluss. Um tatsächlich sagen zu können, ob auch eine Kausalität besteht, bräuchte man mehr bzw. andere Informationen.

Gewissheit: “Absolute Gewissheit: Ein Zustand des festen Vertrauens oder der absoluten Überzeugung in Bezug auf die Wahrheit oder Richtigkeit einer Aussage oder eines Glaubens. Es bezeichnet ein Gefühl der Sicherheit oder Unzweifelhaftigkeit.

Gewissheit (als Skala): Die Ausprägung einer Überzeugungen, kann von absoluter Sicherheit bis zu bloßen Zweifeln reichen. Auf einer Skala kann eine Person ihre subjektive (Un-)Sicherheit in Bezug auf eine Aussage oft leichter ausdrücken, als wenn man von Absoluten ausgeht.”

Induktives Argument: Eine Art von Argumentation, bei der spezifische Beobachtungen oder Fälle verwendet werden, um eine allgemeine Schlussfolgerung zu ziehen. Induktive Argumente sind nicht logisch zwingend wie deduktive Argumente, sondern zielen darauf ab, Wahrscheinlichkeiten zu begründen oder Vermutungen zu stützen, indem sie von Einzelfällen auf allgemeine Prinzipien schließen.

Informierte Zustimmung: Durch informierte Zustimmung vergewissern du dich, dass dein Gesprächspartner am Gespräch teilnehmen möchte, wissend, welche Art von Gespräch du zu führen gedenkst und welche möglichen Konsequenzen dies haben könnte. Dieses ethische Prinzip ist im Vorfeld verschiedener Gesprächsvorbereitungen anzuraten

  • Im Kontext des SW sind jedoch im speziellen folgenden Punkte zu nennen:
  • Was SW ist und die allgemeine Struktur eines typischen Gesprächs
  • Die Ziele, die ihr für euer SW-Gespräche haben könntet
  • Die herausfordernde Natur von SW-Gesprächen
  • Die potenziellen Konsequenzen von SW-Gesprächen

Interlokutor (Gesprächspartner): Eine Person, die an einem Gespräch oder Interview beteiligt ist. Beim SW bezieht sich Interlokutor speziell auf den Gesprächspartner, dessen Überzeugungen erforscht werden soll.

Kritisches Denken: Die Fähigkeit, Informationen und Ideen aktiv zu analysieren, zu bewerten und zu synthetisieren, um fundierte Schlussfolgerungen zu ziehen und informierte Entscheidungen zu treffen. Es beinhaltet die Anwendung von Logik, Vernunft und Sorgfalt, um Annahmen und Argumente kritisch zu prüfen und mögliche Bias oder Fehlschlüsse zu erkennen.

Messaging: Im SW-Kontext bedeutet Messaging, dass der Interviewer unaufgefordert eigene Ansichten in das Gespräch einbringt. Da es in einem SW-Gespräch jedoch um die Ansichten des Gesprächspartners gehen und nicht Ziel sein sollte, zu einer bestimmten Überzeugung hin oder von ihr weg zu führen, sollte Messaging dort grundsätzlich vermieden werden.

Meta: Die Vorsilbe „Meta-” deutet in der Regel darauf hin, dasss etwas auf eine höhere oder abstraktere Stufe gehoben wird. In einem SW-Gespräch kann man sich auf die Metaebene begeben, indem man Fragen stellt, die sich nicht auf die vertretene Überzeugung selbst beziehen, sondern beispielsweise auf deren Bedeutung für das Leben des Gesprächspartners. „Wie wichtig ist es für dich, dass deine Überzeugungen wahr sind?” oder auch „Was würde sich ändern, wenn du diese Überzeugung nicht mehr hättest?” wären z.B. Fragen, die auf die Metaebene abzielen.

Methode: Im SW-Kontext ist mit „Methode” für gewöhnlich der Weg gemeint, auf dem jemand zu der Auffassung gelangt, dass seine Überzeugung wahr ist und die Gründe, die er für sie hat, gute Gründe sind. Einfach gesagt: Es geht darum, wie jemand zu dem Schluss gekommen ist, dass dieses oder jenes tatsächlich so und so ist.

Modeling (vorleben): Dies bedeutet, Verhaltensweisen oder Haltungen, die man sich von seinem Gegenüber wünscht, selbst vorzuleben. Ein Beispiel: Wer den SW praktiziert, wird es wahrscheinlich für wünschenswert halten, dass seine Gesprächspartner sich offen für die (prinzipielle) Möglichkeit zeigen, dass sie falsch liegen könnten. Er kann z.B. diese Haltung selbst vorleben, indem er deutlich macht, dass er selbst kein Problem damit hat, sich seine eigene Fehlbarkeit einzugestehen. Das kann es widerum seinem Gesprächspartner erleichtern, dies ebenfalls zu tun.

Normative Überzeugung: Wer eine normative Überzeugung vertritt, trifft eine Aussage darüber, wie die Welt sein sollte – nicht darüber, wie sie tatsächlich ist. Solche Überzeugungen basieren für gewöhnlich auf bestimmten Moral- oder Wertvorstellungen. Ein Beispiel für eine normative Überzeugung wäre: „Wir sollten mehr Gemüse essen” – im Gegensatz zu: „Gemüse ist gesund.”

Outsider-Test: Der Outsider-Test (Außenstehender-Test) ist ein Gedankenexperiment, das häufig in SW-Gesprächen angewendet wird. Der Gesprächspartner wird aufgefordert, sich eine andere Person vorzustellen (einen „Außenstehenden”), die die selbe Methodik verwendet oder von ähnlichen Grundannahmen ausgeht, wie er selbst – jedoch zu einer ganz anderen Schlussfolgerung gelangt. Das soll ihn u. a. bei der kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Argumentation unterstützen.

Prämisse: Eine Prämisse ist eine vorab getroffene Grundannahme, aus der anschließend Schlüsse gezogen werden können.

Psychsoziale Motivation: Die psychosoziale Motivation umfasst alle psychologischen und sozialen Faktoren, die Einfluss auf die Überzeugungen einer Person haben. Beispielsweise kann die Angst, sein soziales Umfeld zu verlieren, wenn man Abstand von bestimmten Überzeugungen nimmt, wesentlich dazu motivieren, an diesen Überzeugungen festzuhalten. In einem SW-Gespräch können auch derartige Faktoren thematisiert werden.

Rapport: Dies ist ein aus der Psychologie stammender Begriff, der eine durch Vertrauen und Wertschätzung geprägte Beziehung zwischen zwei Menschen bezeichnet. Besteht Rapport, fühlen sich die Beteiligten wohl und verstanden. Der Aufbau von Rapport ist bei einem SW-Gespräch unerlässlich.

Real Reason Check: Dies wird häufig in SW-Gesprächen angewendet. Der Interviewer fragt, was wäre, wenn etwas, das vom Gesprächspartner als Grund für seine Überzeugung angegeben wurde,  sich als falsch herausstellen würde: Würde sich etwas an seiner Überzeugung verändern? Falls die Antwort „nein” lautet, kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dieser Sache nicht um den wichtigsten Grund für die Überzeugung handelt.

Repetitive Fragen: Dies bedeutet, dieselbe Frage (mit kleinen Abweichungen) immer wieder zu stellen. Man verfällt leicht dazu, repetitive Fragen zu stellen, wenn die Antwort auf die vorherige Frage als nicht zufriedenstellend empfunden wird.

Selbstreflexion: Der Prozess, bei dem eine Person ihre eigenen Überzeugungen, Annahmen und Gedanken untersucht und bewertet. Es beinhaltet die Fähigkeit, objektiv über die Gründe und Implikationen der eigenen Überzeugungen nachzudenken und diese gegebenenfalls zu hinterfragen oder anzupassen.

Spiegeln: Dies bedeutet, das vom Gegenüber Gesagte möglichst akkurat in eigenen Worten widerzugeben. In einem SW-Gespräch dient es dazu sicherzustellen, dass man seinen Gesprächspartner richtig verstanden hat.

Steelman (Stahlmann): Wer einen Steelman (Stahlmann) macht, versucht, eine Position, bei der es sich nicht um seine eigene handelt, bestmöglich widerzugeben. Er versucht, möglichst gute Gründe für sie zu finden und möglichst schlüssig für sie zu argumentieren. Gelingt ihm dies, kann davon ausgegangen werden, dass er die Position sehr gut verstanden hat.

Strawman (Strohmann): Wer einen Strawman (Strohmann) macht, stellt die Position der Gegenseite falsch dar, um sie leichter widerlegen bzw. in Misskredit bringen zu können. Der Gegenseite wird dabei eine äußerst schwache Argumentation in den Mund gelegt, die diese zwar gar nicht verfolgt, gegen die dann aber in der Folge argumentiert wird – mit dem Ergebnis, dass keine Auseinandersetzung mit der eigentlichen Gegenposition mehr erfolgt.

Suggestivfrage: Dies sind Fragen, die eine Antwort nahelegen oder in eine bestimmte Richtung lenken. Sie können bewusst oder unbewusst gestellt werden und dazu führen, dass die Antwort voreingenommen ist.

  1. Führende Fragen: Führende Fragen sind eine Art von Suggestivfragen, die darauf abzielen, eine bestimmte Antwort zu induzieren oder den Gesprächspartner in eine vorgegebene Richtung zu lenken.
  2. Tendenzhafte Fragen: Tendenzhafte Fragen sind ebenfalls Suggestivfragen, jedoch enthalten sie oft eine implizite Annahme oder Meinung. Sie können bewusst manipulativ sein oder unbeabsichtigt voreingenommen wirken, und sie provozieren oft voreingenommene Antworten.

SW: Dies ist die Abkürzung für „Sokratischer Weg”.

Überzeugen: Jemanden zu überzeugen, bedeutet, seine Ansicht ohne Einsatz von Zwang zu verändern. Menschen zu überzeugen ist nicht erklärtes Ziel des Sokratischen Wegs

Überzeugung: Eine festgehaltene Meinung oder Ansicht, die auf persönlichen Erfahrungen, Wissen oder Glauben basiert und oft dazu führt, dass eine Person an die Richtigkeit oder Gültigkeit dieser Ansicht glaubt.

Verständnislast: Die Verantwortung, die eine Person trägt, um die Bedeutung und Intentionen eines Kommunikationspartners zu verstehen und zu interpretieren. Diese Last liegt oft auf beiden Seiten einer Interaktion, wobei jeder Teilnehmer bemüht sein sollte, die Perspektive des anderen zu erfassen und Missverständnisse zu vermeiden. Die Verständnislast impliziert eine aktive Beteiligung an der Kommunikation, um sicherzustellen, dass die Nachrichten klar und korrekt verstanden werden. Für ein gutes SW Gespräch sollten wir die Verständnislast primär bei uns selbst sehen, statt beim Interlokutor.

Wahrheitsrelativismus: Der Wahrheitsrelativismus verneint die Existenz einer absoluten Wahrheit. Was wahr ist, hänge vom jeweiligen Betrachter ab. „Das ist ja nur meine Wahrheit” oder „Für jeden ist eben etwas anderes wahr” sind typische Beispiele für wahrheitsrelativistische Aussagen. Ein SW-Gespräch zu führen, bei dem der Gesprächspartner starke wahrheitsrelativistische Positionen vertritt, kann eine besondere Herausforderung darstellen.

Wohlwollende Interpretation: verfolgt den Ansatz, dem Gesprächspartner wohlwollend und großzügig mit Verständnis zu begegnen. Dies bedeutet, die Äußerungen und Handlungen des Partners im besten Licht zu betrachten und bestmögliche Absichten zu vermuten, auch wenn sie möglicherweise nicht klar ausgedrückt wurden. Wohlwollende Interpretation fördert Vertrauen, Empathie und einen konstruktiven Dialog, indem sie Raum für positive Auslegungen schafft und Missverständnisse minimiert.

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